Weltreise in eine vergangene Zukunft

In ihrem Buch „Reisende der Weltrevolution“ erzählt Brigitte Studer eine Geschichte, die uns heute mehr als nur 100 Jahre weit entfernt vorkommt. Ausgehend von ausgewählten Biografien zeichnet die Autorin die Entwicklung der Kommunistischen Internationalen nach: eine global agierende, avantgardistische Kader*innen-Struktur, die von 1920 bis 1943 nicht mehr und nicht weniger als die Weltrevolution versucht. Von Berlin, über Moskau bis nach Baku und Shanghai reisen die Berufsrevolutionär*innen, schmuggeln Waffen und Pässe, betreiben Propagandazeitschriften und Solidaritätskampagnen, organisieren Kongresse und Aufstände – und scheitern am Ende. In neun geografisch unterteilten Kapiteln verfolgt Studer die Windungen der Geschichte der Komintern. Der anfängliche Fokus der revolutionären Bestrebungen auf Deutschland und Berlin verschiebt sich bald auf Asien und vor allem auf China. Gleichzeitig machen sich die Kader*innen daran Netzwerke mit Aktivist*innen kolonisierter Länder aufzubauen und die muslimische Welt einzubinden in das Projekt der Weltrevolution. Zum Abschluss wirft Studer noch einmal den Blick auf Europa, den spanischen Bürgerkrieg, die Flucht vor dem NS und den stalinistischen Terror.

Wie das Projekt zum Scheitern kommt und was auf dem global verschlungenen Weg dahin passiert schildert Studer teilweise literarisch und anekdotisch. Aber die Leser*innen sollten sich eines vor Augen halten: „Reisende der Weltrevolution“ ist kein Roman, sondern die Professorin für Schweizer und Neueste Allgemeine Geschichte an der Universität Bern legt hier eine wissenschaftliche Studie vor. Der Lesbarkeit und auch dem Erkenntnisgewinn der Leser*innenschaft hätte es dennoch gut getan, sich in die Sprache und die Inhalte der (unglaublich zahlreichen!) hinzugezogenen Schriftstücke, Bilder und Akten zu vertiefen. Der Beitrag der Quellen zur Konstruktion der historischen Wirklichkeit der Revolutionär*innen, zur Entwicklung eines weltumspannenden Projektes lässt sich in rohen Zahlen und Namen, in denen sich Studer zuweilen verliert, schlecht erfassen. Auch die fehlende theoretische Rahmung, mit allen ihren Widersprüchen zur revolutionären Praxis, lässt die tiefen Beweggründe der Militanten oftmals nur erahnen.

Studer konzentriert sich explizit auf die Biografien von ca. 300 Kommunist*innen. Sie arbeitet deren abenteuerlichen und abwechslungsreichen Arbeitsalltag heraus sowie die Handlungsspielräume in denen sie agieren. Dabei fällt die Auswahl aber vor allem auf solche, die besonders lange Zeit im Apparat der Komintern aktiv waren. Das ist spannend, widmeten diese Aktivist*innen doch einen Großteil ihres Lebens der Komintern. Studer lässt damit aber jene Linksradikalen außen vor, die in der Euphorie der Anfangsjahre zwar Teil des Projektes waren, sich aber angesichts von politischem Dissens bald wieder davon trennten. So wird die Niederschlagung des Kronstädter Matrosenaufstandes 1921, als autoritärer Wendepunkt der russischen Revolution, mit keinem Wort erwähnt. Besonders sichtbar macht Studer jedoch weiblich sozialisierte Akteurinnen und den feministischen Kampf um Emanzipation, der durchaus auch gegen die eigenen Genossen geführt werden musste. Dass sich Macht- und Unterdrückungsformen auch in der Komintern fortsetzen zeigt sich auch an anderen Stellen. Mit wenigen Ausnahmen stehen europäische Perspektiven und Biografien im Mittelpunkt der Betrachtung. Studer selbst begründet das mit dem fehlenden sozialen Kapital der Aktivist*innen aus kolonisierten Ländern, die sich daher nicht in der Komintern durchsetzen konnten, obwohl sich die Revolutionshoffnungen nach dem Scheitern der deutschen Revolutionsversuche Anfang der 20er-Jahre zunehmend auf den Osten Asiens und die kolonisierten Länder richtet.

Bei aller Kritik ist die Lektüre dennoch fesselnd und zeigt vor allem eines: auch aus der akteur*innenzentrierten Geschichte der Komintern lässt sich exemplarisch der Aufbruch und das Scheitern des kommunistischen Projektes nachzeichnen. Geradezu elektrisierend ist die Erzählung vom 2. Weltkongresses der Internationalen 1920 in Moskau: getrieben von Euphorie und Zuversicht reisen 217 Delegierte in die Hauptstadt der Revolution. Verbunden in dem Glauben an die Möglichkeit einer nahenden kommunistischen Zukunft machen sie sich an die Konstruktion einer globalen Organisation von Revolutionär*innen. Weder „Weltrevolution“ noch „Internationale Solidarität“ sind hier propagandistische Floskeln. Es sind Versprechen, deren Erfüllung sich die Kommunist*innen, in all ihrer anfänglichen politischen Vielheit, 1920 ganz nahe fühlen. Illustriert wird dies in Studers Buch unter anderem durch Briefe von Hilde Kramer, einer zwanzigjährigen Übersetzerin, die schon in der Münchner Räterepublik Artikel für eine kommunistische Zeitung schreibt und gefälschte Pässe verteilt. Auch sie ist in Moskau zugegen und berichtet mit Begeisterung, dass auf dem Kaiserpalast die rote Fahne weht und im Thronsaal der Kongress tagt und die Weltrevolution diskutiert. Zu diesem ersten Kapitel im erschütternden Kontrast steht das letzte: im spanischen Bürgerkrieg verrät die Komintern die Revolution an die Wahrung sowjetischer Interessen. Die Komintern ist nunmehr nur noch Instrument der sowjetischen Partei und ihrer Repression. Angst, Überwachung und Verrat prägen den Alltag der Antifaschist*innen. Die Hoffnung auf die Weltrevolution ist aufgegeben, die Vielheit ist der Vereinheitlichung gewichen. Die Mehrheit der im Buch skizzierten Lebensläufe endet im stalinistischen Terror. Studer zeigt, dass es in all den revolutionären Aufbrüchen der 20er-Jahre, sei es in Deutschland oder China, eine kontinuierliche Entwicklung gibt von zunehmender Kontrolle, Ausschließung und Opportunismus. Und sie zeigt auch: die sowjetische Vormachtstellung ist im Moskauer Gründungskongress der Komintern schon angelegt, da sich die internationalen Genoss*innen an der erfolgreichen Revolution orientieren.

Die verschlungenen Wege der Kommunist*innen mitzuverfolgen ist in vielerlei Hinsicht berührend. Wenn Studer detailliert schildert, welche Maßnahmen die Revolutionär*innen in Shanghai gegen die Repressionen treffen, nur um letztendlich doch verraten zu werden und aufzufliegen, können die Leser*innen förmlich fühlen, wie revolutionäre Freude, Aufbruchstimmung und Zuversicht, in Angst, Niedergeschlagenheit und Trauer umschlagen. Beeindruckend ist dabei vor allem die Militanz der international vernetzten Avantgarde. Oftmals geben sie ihr ganzes altes Leben auf, um sich in den Dienst der Partei und der Revolution zu stellen, reisen je nach Auftrag von einem zum anderen Ort und nehmen Gefängnis, Folter oder Tod in Kauf. Immer gelten größte Vorsichtsmaßnahmen gegen Repression und gleichzeitig die Bereitschaft, von allen notwendig erscheinenden Mitteln Gebrauch zu machen. Dennoch: auch Scheitern und Zweifel werden als Teil des nomadischen Lebens, oftmals in den Nischen der Illegalität, geschildert. Nicht weniger konsequent waren die Kommunist*innen in ihrem Internationalismus. Es ging um nicht mehr und nicht weniger als darum, die ganze Welt zu gewinnen, die Menschen zu befreien von Rassismus, Sexismus, Kolonialismus und Klassenherrschaft. Und zwar gemeinsam und über alle Grenzen hinweg. Aber auch hier glorifiziert Studer nicht. Der Status von weiblich sozialisierten Militanten und Aktivist*innen aus kolonialen Ländern bleibt in der Komintern marginalisiert.

Bei aller Widersprüchlichkeit und Uneindeutigkeit, ist eines sicher: es gibt noch abertausende Geschichten der Weltrevolution zu erzählen. Auch auf über 600 Seiten wird die Autorin damit nicht fertig. Die lehrreiche Studie von Brigitte Studer sei jedoch all jenen ans brennende Herz gelegt, die in einer traurigen Gegenwart Trost und Ermutigung suchen, in dem Versprechen auf eine bessere Zukunft – aus der Vergangenheit.

*

Brigitte Studer: Reisende der Weltrevolution. Suhrkamp Verlag, Berlin 2020. 618 S., 30 €

„Auf Frankfurts Straßen ist kein Platz für Verschwörungsideologien und rechte Hetze“

Am 12. Dezember ruft die Gruppe „Querdenken“ in Frankfurt zu Demonstrationen auf. Wir haben mit Nadine Schneider, eine Sprecherin des antifaschistischen Bündnisses „Aufklärung statt Verschwörungsideologien“ über die geplanten Gegenproteste gesprochen.

Seit April 2020 finden unter Bezeichnungen wie „Hygiene-Demos“ oder „Querdenken“ in zahlreichen Städten Demonstrationen statt, auch in Frankfurt. Offiziell richten sie sich gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung. Wie Recherchen jedoch gezeigt haben, finden sich auf den wirren Versammlungen organisierte Nazis, Holocaust-Relativierer und Menschen, die an eine Verschwörung der Finanzeliten glauben, zusammen. Zuletzt sorgte die Eskalation der Proteste in Berlin und Leipzig für Schlagzeilen. Allerdings regt sich starker Widerspruch von linken und antifaschistischen Gruppen, die zu Gegendemonstrationen und Blockaden aufrufen. Für den 12. Dezember hat sich „Querdenken“ wieder in Frankfurt angekündigt. FaSe hat mit Nadine Schneider, einer Sprecherin des antifaschistischen Bündnisses „Aufklärung statt Verschwörungsideologien“ über die Zusammensetzung und Ideologie der Querdenken-Szene, die geplanten Gegenproteste und linke Antworten auf die Krise gesprochen.

FaSe: Hallo Nadine, vor allem zu Anfang der Proteste hat erstmal große Verwirrung darüber geherrscht, wer da eigentlich auf die Straße geht. Da war die Rede vom sowohl linken als auch rechten Spektrum oder von Menschen, die bisher eher „unpolitisch“ waren. Wen haben wir denn da nun vor uns?

Nadine: „Querdenken“ lässt sich am besten als rechte Mischszene bezeichnen. Dort tauchen Esoteriker*innen, knallharte Verschwörungsideolog*innen, klassische Nazis und Antisemit*innen auf, aber auch Personen, die sich als unpolitisch begreifen würden oder sogar ein linkes Selbstverständnis haben. Gefühle der Ohnmacht und Überforderung angesichts der Pandemie und der Kontaktbeschränkungen sind zwar nachvollziehbar, jedoch lehnen wir den Begriff der „nicht politischen“ Demonstrierenden ab. Wer sich mit Nazis und Antisemit*innen gemein macht und mit ihnen gemeinsam Veranstaltungen besucht, kann unserer Meinung nach nicht behaupten, nur „gegen Maßnahmen“ zu demonstrieren.

Wie passen diese unterschiedlichen Gruppen dann eigentlich zusammen? Was eint sie politisch und wie funktioniert deren Ideologie?

Es gibt nicht die eine „Querdenken“-Ideologie. Ganz im Gegenteil: Wer die Demos und Kundgebungen der verschiedenen Gruppen von Corona-Leugner*innen beobachtet, merkt schnell, dass es hier beinahe beliebig ist, welche konkrete Verschwörungsideologie vertreten wird. Mal wird der Virus SARS-CoV-2 nur verharmlost, mal wird seine Existenz gänzlich infrage gestellt. Manchen „Querdenken“-Teilnehmenden geht es in erster Linie um die Ablehnung des Impfens, andere wollen es „denen da oben“ mal so richtig zeigen. Was sie eint, ist jedoch eine diffuse Elitenkritik, in der Verschwörungsmythen eine große Rolle spielen. Statt also milliardenschwere Großkonzerne als Krisengewinner konkret zu benennen, ist in der „Querdenken“-Bewegung eine personalisierende, diffuse Elitenkritik am Werk, bei der antisemitische Codes wie der Mythos einer „jüdischen Weltverschwörung“ immer wieder auftauchen. Szenen von marodierenden Nazi-Mobs wie in Leipzig oder in Berlin zeigen, dass die Offenheit für extrem rechte Positionen und Akteure groß ist – übrigens auch in Frankfurt, wo bekannte Gesichter der extremen Rechten immer wieder auf Demos zu sehen sind oder sogar Reden halten.

Auch der Attentäter von Hanau hat in seinem Bekennervideo Verschwörungsideologien verbreitet. Bestehen da Verbindungen zwischen den Querdenken-Demos und der rechtsterroristischen Szene?

In der Tat war der Attentäter von Hanau Verfechter von QAnon-Verschwörungsideologien, faktisch eine modernisierte Form von Antisemitismus. Verbindungen zwischen Querdenken-Demos und rechtem Terror bestehen insofern, als dass auf den Demonstrationen mit Ideologien wie QAnon oder der omnipräsenten Endzeitstimmung ein Nährboden geschaffen wird, auf dem Radikalisierungsprozesse Wurzeln schlagen können. Es besteht die konkrete Gefahr, dass sich hier ein Milieu vernetzt, dass durchaus bereit ist, loszuschlagen, wenn es den Tag X für gekommen sieht. Die breite rechte Mobilisierung nach den rassistischen Ausschreitungen 2018 von Chemnitz liefert hierfür ein Beispiel: Stephan Ernst nahm mit anderen Nazis an der Demonstration teil. Ein Jahr später ermordete er den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Einzelne Personen könnten sich auch durch große Mobilisierungen der Corona-Leugner*innen motiviert fühlen, loszuschlagen. Der bereits erfolgte Anschlag auf das Robert-Koch-Institut in Berlin, die Ausschreitungen in Leipzig oder die erstellten Todeslisten mit unliebsamen Politiker*innen und Journalist*innen zeugen von dem bereits jetzt bestehenden Gewaltpotential der Szene.

Auf den Querdenken-Veranstaltungen geht es auch immer wieder darum, sich gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung zu stellen. Wie du schon gesagt hast, ist das natürlich unglaubwürdig, wenn sich die Demonstrierenden entscheiden, mit Nazis und Antisemit*innen auf die Straße zu gehen. Aber ist die Kritik an autoritären Maßnahmen nicht eigentlich eine linke Kritik?

Es ist Aufgabe der linken Bewegung, autoritäre Maßnahmen zu bekämpfen. Darunter verstehen wir etwa, dass erwartet wird, sich weiterhin einem hohen Infektionsrisiko im öffentlichen Nahverkehr, in Schulen oder Fabriken auszusetzen, während die Freizeit eingeschränkt wird. Oder das erhöhte Maß an Racial Profiling. Aufweichung von Arbeitsschutzgesetzen und Einführung des 12-Stunden-Tags. Doch diese Kritik wird in der „Querdenken“-Bewegung nicht formuliert. Stattdessen wird dort für eine vermeintliche Freiheit gekämpft, die lediglich daraus besteht, keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen zu müssen. Die „Querdenker“ wollen zurück zu einem Normalzustand, mit dem es aus unserer Sicht keinen Frieden geben darf, sondern der geprägt ist von Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und anderen grassierenden Ideologien der Ungleichwertigkeit im Kapitalismus. Eine linke Kritik muss in den Blick nehmen, wie diese ohnehin schlechten Verhältnisse durch die Corona-Maßnahmen noch verschärft werden – und die völlige Aufhebung dieser Verhältnisse zum Ziel haben.

Bedeutet das, ihr versucht bei den Protesten auch eigene Inhalte zum Ausdruck zu bringen oder geht es erstmal darum sich denen in den Weg zu stellen?

Bei der letzten großen „Querdenken“-Demonstration in Frankfurt am 14. November konnte der Demonstrationszug blockiert werden, da an diesem Tag viele Menschen mit uns auf der Straße waren. Da nun für den 12. Dezember die nächste große „Querdenken69“-Mobilisierung nach Frankfurt läuft, werden wir erneut unseren Protest auf die Straße tragen. Anders als beim letzten Mal werden wir aber noch stärker versuchen, unsere eigenen Themen deutlich zu machen. Unter dem gemeinsamen Motto „Solidarisch durch die Krise“ wird an dem Tag ein breites Spektrum von Gruppen und Initiativen auf der Straße sein. Konkret verstehen wir unter diesem Motto, deutlich zu machen, dass die Krise nicht zu Lasten der ohnehin Prekarisierten gehen darf. Stattdessen wird in den verschiedenen Aufrufen für den Tag etwa auf die Notwendigkeit von Umverteilung in der Gesellschaft aufmerksam gemacht, die Aufwertung von Pflegeberufen durch mehr Entlohnung und nicht nur Applaus gefordert – aber es werden auch grundsätzliche Themen angesprochen wie Vergesellschaftung des Gesundheitswesen oder eine radikale Kritik am militarisierten Polizeiapparat.

Wie sind denn die Proteste der letzten Wochen verlaufen? Welche Erfahrungen habt ihr bereits gemacht und was ist dieses Mal anders?

Am 14. November konnte die „Querdenken“-Demo blockiert und schlussendlich zum Abbruch gezwungen werden. Das war ein großer Erfolg! Am 12. Dezember ist die Situation komplizierter, da „Querdenken69“ ganze 13 Plätze in der Innenstadt und eine Demonstrationsroute für 40.000 Menschen angemeldet hat. Wir sind also darauf angewiesen, dass sich möglichst viele Menschen unserem Protest anschließen, um deutlich zu machen, dass auf Frankfurts Straßen kein Platz für Verschwörungsideologien und rechte Hetze ist!

Aus Infektionsschutzgründen ist es ja momentan angebracht, Abstand zu halten und mit möglichst wenigen Menschen in physischen Kontakt zu kommen. Habt ihr einen Plan, wie ihr das bei euren Blockaden umsetzen wollt?

Wir appellieren an unsere Teilnehmer*innen, Mund-Nasen-Bedeckungen zu tragen, Abstände einzuhalten und Handdesinfektionsmittel mitzuführen. Unsere vergangenen Proteste haben gezeigt, dass diejenigen, die unseren Aufrufen folgen, die Infektionslage ernst nehmen und sich solidarisch und umsichtig verhalten. Die Infektionsschutzmaßnahmen wurden lediglich durch die Polizei eingeschränkt: Aktivist*innen wurden unter dem Einsatz massiver Gewalt, darunter des Schlagstocks, brutal zusammengetrieben, durch den unverhältnismäßigen Wasserwerfereinsatz wurden Mund-Nasen-Bedeckungen durchnässt und dadurch unbrauchbar gemacht. Dieser unnötige Bruch simpelster Infektionsschutzregeln ging nicht von den Teilnehmer*innen des Gegenprotests aus. Wir empfehlen, drei bis vier Mund-Nasen-Bedeckungen zum Wechseln mitzubringen und die Abstände, sofern möglich, einzuhalten.

Apropos Wasserwerfereinsatz: Welche Rolle spielt die Frankfurter Polizei bei den Protesten?

Bei den vergangenen Protesten hat die Polizei eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie bei linkem Gegenprotest, der sämtliche Hygienevorschriften einhält, auch im November schnell den Wasserwerfer einsetzt, während die „Querdenker“ erst nach 30 Ankündigungen am Abend alibi-mäßig noch einen sanften Regen bekommen. Das überrascht uns jedoch keineswegs: Angesichts von neonazistischen Chatgruppen bei der Polizei und in Zeiten von „NSU 2.0“ und alltäglichem Racial Profiling wissen wir, dass für die Polizei der Feind links steht. Es ist auch nicht unsere Sache, stärkere Polizeieinsätze oder Demoverbote für Corona-Leugner*innen zu fordern – stattdessen setzen wir auf Aufklärung über deren Strukturen und Ideologien, unter anderem mit engagierter Recherchearbeit, und konfrontieren deren Aufmärsche mit unserem Protest.

Zu guter Letzt: Was ist am 12.12. geplant? Was findet statt und was ist euer Ziel?

Unter unserem Motto „Solidarisch durch die Krise“ werden wir an diesem Tag deutlich machen, dass die derzeitige kapitalistische Krisenverwaltungspolitik der Bundesregierung an den Bedürfnissen derer, die am schwersten unter den Folgen der Krise zu leiden haben, vorbei geht. Wir haben bessere Ideen, und die heißen Solidarität, Klassenkampf, Feminismus, Ökologie und Antirassismus, und wir werden sie gerade jetzt während der Krise in die Offensive bringen. Nebenbei werden wir die „Querdenken“-Demo gehörig nerven und einen Aufmarsch voll von Verschwörungsideologien und rechter Hetze nicht ohne weiteres durch Frankfurt ziehen lassen.

Vielen Dank für das Gespräch, Nadine.

*

Infos zum Bündnis ASVI und den geplanten Gegenprotesten gibt es auf Facebook (facebook.com/solidarischdurchdiekrise), Instagram (instagram.com/solidarisch_ffm1212), Twitter (twitter.com/astattvi) und unter asvi.noblogs.org.

Quelle Beitragsbild: protest.foto – südhessen – https://www.flickr.com/photos/protestfoto-suedhessen

„Wir holen uns die Selbstbestimmung zurück!“

Trotz Pandemie hat das Gleichstellungsbüro zum Semesterstart einen Flyer mit Tipps gegen sogenannte „Pick-Up-Artists“ veröffentlicht. Was steckt hinter den sexistischen Anmachen und wie setzen sich Betroffene und ihre Mitstreiter*innen in Frankfurt und an der Goethe-Uni zur Wehr?

+++ Disclaimer: in diesem Artikel werden sexistische Anmachen und übergriffiges Verhalten, sowie frauen*verachtende Ideologie geschildert +++

Als die Studentin B. im Sommer allein über die Konstablerwache läuft, wird sie ohne erkennbaren Anlass von einem Mann angesprochen. Er erzählt ihr, er sei neu in der Stadt und fragt, ob sie nicht mit ihm einen Kaffee trinken gehen will. Obwohl B. ablehnt bedrängt er sie weiter und fordert sie wiederholt auf ihm ihre Handynummer zu geben. B. hat ihn aber längst erkannt: Sie kennt sein Gesicht von Bildern aus den Sozialen Medien. Dort vernetzen sich Personen, die sich gegenseitig vor Männern warnen, die wiederholt mit übergriffigem Verhalten auffallen. Erst als B. ihn damit konfrontiert, gibt er auf.

B. ist bei weitem nicht die Einzige, die solchen Übergriffen ausgesetzt ist. Gerade an der Uni und um den Campus herum berichten Studierende immer wieder von systematischen Anmachversuchen, die nicht selten in unnachgiebiger Übergriffigkeit enden. Selbst wenn die Betroffenen mit Ablehnung reagieren. Die Männer, die sich mit sogenannten „Maschen“ an die Betroffenen wenden und sie belästigen, nennen sich selbst „Pick-Up-Artists“ und sind Teil einer Szene mit ihren eigenen Stars, Seminaren und Regeln. Das Problem ist, trotz der Pandemie, so groß, dass das Gleichstellungsbüro der Goethe-Uni zum Semesterbeginn Tipps dazu veröffentlicht hat, wie mensch sich in einer solchen Situation verhalten kann. Unter dem Titel „Nein heißt Nein!“ ruft die Gleichstellungsbeauftragte in Zusammenarbeit mit der Anti-Diskriminierungsstelle und dem Gleichstellungsrat des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften dazu auf, unangenehme Gespräche zu beenden, Grenzen zu benennen und vor allem weder Schlüssel noch Handy aus der Hand zu geben. Auch diejenigen, die beobachten, wie sich Betroffene so in einer bedrängten Position befinden, fordert das Papier auf, sich einzumischen und sich solidarisch zu verhalten.

Luise, studentisches Mitglied im Gleichstellungsrat des FB 03, betont im Gespräch mit FaSe noch einmal: „Gebt auf keinen Fall euer Handy aus der Hand! Mit genau dieser Masche versuchen es diese Pick-Up-Typen immer wieder auf dem Campus“. Die Uni versuche zwar, den Pick-Up-Typen1 entgegenzutreten, die ausgesprochenen Hausverbote seien aber schwer umzusetzen, solange die Männer als Studierende eingeschrieben sind. Außerdem, so berichtet die Studentin, gäbe es immer wieder Probleme mit dem Sicherheitsdienst der Universität, der versuchen würde die vermeintlichen Konflikte zwischen den Betroffenen und den Pick-Up-Typen zu schlichten. „Da hilft nur eine klare Kommunikation und vor allem die Solidarität der umstehenden Studierenden. Lasst die Betroffenen nicht allein, wenn ihr solche Situationen beobachtet!“, appelliert Luise an ihre Kommiliton*innen.

Diese Vorfälle sind in Frankfurt keine Einzelfälle. Im Sommer 2020 machten die Ermittlungen gegen einen Frankfurter Schlagzeilen, der über Jahre hinweg versucht hatte, als Frauen gelesene Personen mit derselben Masche zu „verführen“. Er fragte nach dem Weg, nahm den Betroffenen das Handy aus der Hand und rief sich selbst an um sich so die Nummern der Personen zu erschleichen. Dass es sich dabei nicht um einen einmaligen Vorfall handelte, zeigten die Reaktionen von ca. 50 Betroffenen auf einen Instagrampost einer Frau* die von dem Übergriff auf sie berichtete. Sie vernetzten sich und wandten sich gemeinsam an die Polizei, die nun Ermittlungen eingeleitet hat. Als sich die Betroffene* zuvor allein an die Polizei wandte, wurde sie ignoriert. Auch ist es kein Novum, dass die sexistischen Anmachversuche an der Goethe-Universität thematisiert werden. Bereits 2016 klärten zwei Artikel in der AStA-Zeitung über die Machenschaften eines Pick-Up-Typen auf dem Campus auf und thematisierten den dahinterliegenden systematischen Sexismus. Ein in den Artikeln namentlich genannter Pick-Up-Typ versuchte daraufhin mit einer Unterlassungserklärung die Verbreitung der Artikel zu verhindern. Darauf folgte ein Rechtsstreit, der durch mehrere Instanzen ging, an dessen Ende der AStA aber Recht behielt. Außerdem hatte das sich hinziehende Verfahren die Wirkung, dass sich zahlreiche Studierendenorganisationen und Zeitschriften solidarisierten und den Artikel nachdruckten. Auch der Senat der Universität äußerte sich im Februar 2016 zum Auftreten der sexistischen Vorfälle und hielt fest, dass „die Goethe-Universität ein Klima schaffen will, in dem sexistisches Verhalten keinen Raum hat“ und die „Universitätsleitung unter Nutzung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten unerwünschte Vorfälle dieser Art zu unterbinden bzw. zu ahnden sucht“.

Aber was steckt hinter dem Aufkommen der systematischen Belästigungen? Die Männer selbst bezeichnen sich als sogenannte „Pick-Up-Artists„, als Künstler der Verführung. Auf YouTube finden sich zahlreiche Tutorials und Videos, mit denen die selbsternannten Alphas ihre Techniken zur Schau stellen und an andere weitergeben wollen. Außerdem wird im Netz für Seminare geworben, bei denen erfolgreiches Flirten erlernt werden soll. Dass es dieser Szene und ihren Stars aber nicht darum geht, einsamen Männern den respektvollen Umgang mit potenziellen (Geschlechts-) Partner*innen beizubringen, zeigt ein Blick auf die Erklärungs- und Begründungszusammenhänge der teilweise pseudo-wissenschaftlichen Beiträge. Wie selbstverständlich gehen die Männer von einer binären (also zweigeschlechtlichen), biologisch festgelegten Geschlechterordnung aus, die angeblich in den grauen Vorzeiten der Jäger und Sammler entstand und Frauen und Männern ihren festen gesellschaftlichen Platz und Charaktereigenschaften zuschreibt. Zum Beispiel wird von dem Mythos ausgegangen, dass Frauen zwar auf der Suche nach starken Beschützern seien, die sexuelle Anziehung jedoch nachlassen würde, sobald sie ihn vollständig unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Dies resultiert in dem Grundsatz, sich nicht kontrollieren zu lassen von der Frau, die, so die reaktionäre Annahme, in der Moderne wehrhaft geworden wäre. Weiterer wichtiger Bestandteil der narrativen Strategie ist die Behauptung eines Rechtes auf körperliche Berührung oder Sex. Von diesem Recht dürfe auch im Falle einer Ablehnung Gebrauch gemacht werden. Damit und mit der Annahme, Frauen würden nicht sagen, was sie wollen, sondern ihre Kommunikation sei aufgrund ihrer Emotionalität nicht ernst zu nehmen, wird das Recht auf (körperliche) Selbstbestimmung systematisch ignoriert. Natürlich geht damit auch eine Objektifizierung von als Frauen gelesenen Personen einher, die lediglich als die Objekte männlicher Begierde und Sexualität angesehen werden und die in Zahlenrastern nach ihrem Aussehen kategorisiert werden. Nicht selten tritt dieser Sexismus auch gepaart mit Rassismus oder Exotisierung auf, wie der Skandal um einen international auftretenden Pick-Up-Typen 2014 zeigte, der Betroffene in Tokio nicht nur körperlich belästigte, sondern sich dabei auch rassistisch äußerte. Mit dieser frauen*verachtenden Ideologie überschneidet sich die Pick-Up-Szene mit der anti-feministischen maskulinistischen Bewegung der sog. Männerrechtler, die wiederum Überschneidungen zu antisemitischen und rechten Verschwörungsideologien aufweist.

Daher ist es kaum überraschend, dass diese Männer mit Gegenwehr rechnen müssen, die auch über institutionelle Beratungsangebote und Aufklärungsarbeit an der Universität hinausgeht. So vernetzen sich Studierende und Personen außerhalb der Universität in Messenger-Gruppen, um Bilder von den Pick-Up-Typen auszutauschen und sich gegenseitig zu warnen. Außerdem rufen feministische Gruppen, wie zuletzt im Frühjahr 2020 unter dem Hashtag #feministischkämpfen in Frankfurt, immer wieder dazu auf, sich selbst zu schützen – und schreiten selbst zur Tat. So wurde anlässlich des internationalen Frauen*kampftages am 8. März das Auto eines bekannten Pick-Up-Typen in Frankfurt zertrümmert. Neben seinem Sexismus und dem grenzüberschreitenden Verhalten kritisieren die Aktivist*innen in ihrem Bekenner*innenschreiben auf dem linksradikalen Portal indymedia, auch die Kommerzialisierung der Pick-Up-Szene in Form von teuren Seminaren zum Erlernen der sexistischen Praxis. Die Feminist*innen erklären: „Die Kommerzialisierung dieser systematischen Grenzüberschreitung der körperlichen Selbstbestimmung von Frauen* durch Sexisten […], ist ein widerwertiger Auswuchs des kapitalistischen Patriarchats. Sie führt zu vermehrten Belästigungen im öffentlichen Raum und nicht zuletzt zur Normalisierung von sexualisierter Gewalt und Vergewaltigungen“. Die Aktivist*innen schließen mit dem Satz: „Wir holen uns die Selbstbestimmung zurück, die uns der sexistische Staat und der Kapitalismus niemals geben wird und sorgen für unseren Selbstschutz indem wir #feministischkämpfen!“

*

Wenn ihr selbst betroffen von sexistischen Anmachen auf dem Campus seid oder anderweitig Diskriminierung erfahrt, könnt ihr euch jederzeit an die Antidiskriminierungsstelle der Goethe-Uni wenden: Antidiskriminierungsstelle – Campus Westend | IKB-Gebäude | Eschersheimer Landstr. 121-123Tel.: 069 798 18134antidikriminierungsstelle@uni-frankfurt.de

1 Der von den Männern selbst propagierte Begriff „Artist“ (deutsch: „Künstler“) soll hier nicht übernommen und reproduziert werden. Er relativiert den sexistischen Charakter der Anmachversuche.

Hunderte zeigen Solidarität mit AStA nach Hausdurchsuchung

Am Donnerstagabend demonstrierten an der Bockenheimer Warte rund 400 Menschen gegen die Hausdurchsuchungen die am Tag zuvor durch das BKA unter anderem in den Räumen des AStA durchgeführt wurden. Unter den Demonstrierenden befanden sich auch zahlreiche Studierende der Goethe Universität.

Unter dem Motto „Wir sind alle 129a – Unsere Solidarität gegen ihre Repression“ hatten mehrere linke Gruppen zu dem Demonstrationszug durch Bockenheim aufgerufen.
Mit dem Titel der Demonstration nahmen die Veranstalter*innen Bezug auf den Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Ihrer Meinung nach werde dieser Paragraph regelmäßig zu Repression und Überwachungsmaßnahmen gegen politische Gruppen genutzt. Die Demonstration zog unter Sprechchören durch Bockenheim. Neben „No justice, no peace – fight the police“ wurden auch Sprüche wie „Nazis morden, der Staat macht mit – der NSU war nicht zu dritt“ gerufen. „Dieser Angriff ist ein Angriff auf uns alle. Jeder Widerstand, ganz egal welcher Form, ist Teil eines großen Kampfes gegen die herrschenden Verhältnisse.“ sagte eine Rednerin als die Teilnehmer*innen an der Polizeistation in der Schlosstrasse Halt machten. Besonders die Tatsache, dass die Hausdurchsuchungen aufgrund von Terrorismusverdacht einen Tag nach dem Prozessbeginn gegen die mutmaßlichen Terroristen und Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke stattfand, sorgte für Empörung unter den Demonstrierenden. Den Angeklagten Stephan Ernst und Markus H. wird nicht nur vorgeworfen Lübcke aus rechten Motiven heraus ermordet, sondern auch ein rassistischer Mordversuch an Ahmed I. verübt zu haben. Der Durchsuchungsbefehl für die Universitätsräumlichkeiten habe der Staatsanwaltschaft bereits seit Januar vorgelegen, das Datum sei also kein Zufall. Der AStA der GU wies darauf hin, dass Studierendenvertretungen immer wieder aufgrund von politischem und kritischem Engagement von Repressionen betroffen sind. Ein Sprecher des AStA forderte in seinem Redebeitrag: „Schluss mit der Kriminalisierung linker Politik. Verfassungsschutz und Polizei runter vom Campus!“

Die politische Debatte aus der Quarantäne entlassen

Ein Kommentar von Raul Rosenfelder

Es herrschen prekäre Arbeitsbedingungen im Mittelbau und bei den externen Angestellten der Universität. Studierende haben Schwierigkeiten die hohen Frankfurter Mieten zu zahlen, vor allem bei Jobverlust. Es ist fast unmöglich in Regelstudienzeit zu studieren und damit BAföG zu beziehen. All das läuft schon ganz ohne Corona, Krise und Pandemie ziemlich schief und hat sich jetzt zugespitzt.. Auf diese Probleme haben schon zu Anfang der Krise in den ersten Tagen der Schock-Isolation im März sowohl die alternative Uni-Gewerkschaft unter_bau, als auch der AStA hingewiesen und umfangreiche Forderungskataloge veröffentlicht . Zentrale Forderungen waren und sind die Absicherung der Beschäftigten an der Universität und die Verlängerung befristeter Stellen, die Aussetzung der Regelstudienzeit, die Gewährung deutlich längerer Abgabefristen der Hausarbeiten und die finanzielle Unterstützung von Studierenden durch Bund und Länder. Tatsächlich machten Senat und Präsidium zu Beginn des Sommersemesters dann auch weitreichende Zugeständnisse und übernahmen zahlreiche Forderungen. So begrüße die GU „die vielfältigen Bemühungen […] erfolgreiche Lehre auch unter Ausnahmebedingungen möglich machen“ . Das klingt erstmal nach Rückenwind für die Forderungen aus Studierendenvertretung und Uni-Gewerkschaft, die konsequente Umsetzung steht aber noch aus. Bis auf kleine Zugeständnisse, wie die Verlängerung von Hausarbeiten-Abgabefristen, hat sich bis jetzt nämlich nicht viel getan.

Besonders abstrus erscheint in dem Kontext eine Pressemitteilung von Mitte März, in der sich das Präsidium unter Zuhilfenahme zweier Fachschaftsmitglieder der Wirtschaftswissenschaften, anerkennend selbst auf die Schulter klopft und zum gelungenen, digitalen Semesterstart gratuliert . Herausragend dabei vor allem die Ignoranz gegenüber den Schwierigkeiten von Studierenden und Lehrenden im digitalen Raum, den Überstunden leistenden IT-Mitarbeiter*innen der Uni und denjenigen die neben dem digitalen Studium noch Kinder zu betreuen haben, wie Mitglieder des unter_bau kritisieren . Die fehlende Präsenzlehre, der mangelnde Datenschutz bei Videokonferenzen wie Zoom, Jobverlust und die finanzielle Situation von Studierenden scheinen für die PR-Abteilung der Uni eher zweitrangig zu sein.


Eine Forderung, die sowohl von AStA als auch vom unter_bau erhoben wird, ist die nach stärkerer studentischer Mitbestimmung . Klar, dass das Präsidium weit davon entfernt ist sie aufzugreifen, verteidigt die Uni doch hartnäckig ihre Vormachtstellung in allen politischen Entscheidungsgremien. Trotzdem trifft genau diese Forderung den wunden Punkt der ganzen Geschichte: wenn die Universität nur bei Lippenbekenntnissen verharrt und nicht für die Belange ihrer Studierenden und Beschäftigten eintritt, müssen die es eben selbst in die Hand nehmen. Auf die Großzügigkeit eines hierarchischen Apparates einer neoliberalen Universität kann man sich dabei sicher nicht verlassen. Bis die selbstverwaltete Universität jedoch Wirklichkeit ist, steht die Leitung der Uni weiterhin in der Pflicht mindestens ihren Versprechungen wie der Aussetzung der Regelstudienzeit und der Verlängerung des BAföG nachzukommen und sich mit den weitreichenderen Forderungen aus der Belegschaft und der Studierendenschaft auseinanderzusetzen. Spätestens jetzt, da überall wieder Lockerungen zugelassen werden ist es an der Zeit auch die politische Debatte aus der Quarantäne zu entlassen.