Hunderte zeigen Solidarität mit AStA nach Hausdurchsuchung

Am Donnerstagabend demonstrierten an der Bockenheimer Warte rund 400 Menschen gegen die Hausdurchsuchungen die am Tag zuvor durch das BKA unter anderem in den Räumen des AStA durchgeführt wurden. Unter den Demonstrierenden befanden sich auch zahlreiche Studierende der Goethe Universität.

Unter dem Motto „Wir sind alle 129a – Unsere Solidarität gegen ihre Repression“ hatten mehrere linke Gruppen zu dem Demonstrationszug durch Bockenheim aufgerufen.
Mit dem Titel der Demonstration nahmen die Veranstalter*innen Bezug auf den Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Ihrer Meinung nach werde dieser Paragraph regelmäßig zu Repression und Überwachungsmaßnahmen gegen politische Gruppen genutzt. Die Demonstration zog unter Sprechchören durch Bockenheim. Neben „No justice, no peace – fight the police“ wurden auch Sprüche wie „Nazis morden, der Staat macht mit – der NSU war nicht zu dritt“ gerufen. „Dieser Angriff ist ein Angriff auf uns alle. Jeder Widerstand, ganz egal welcher Form, ist Teil eines großen Kampfes gegen die herrschenden Verhältnisse.“ sagte eine Rednerin als die Teilnehmer*innen an der Polizeistation in der Schlosstrasse Halt machten. Besonders die Tatsache, dass die Hausdurchsuchungen aufgrund von Terrorismusverdacht einen Tag nach dem Prozessbeginn gegen die mutmaßlichen Terroristen und Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke stattfand, sorgte für Empörung unter den Demonstrierenden. Den Angeklagten Stephan Ernst und Markus H. wird nicht nur vorgeworfen Lübcke aus rechten Motiven heraus ermordet, sondern auch ein rassistischer Mordversuch an Ahmed I. verübt zu haben. Der Durchsuchungsbefehl für die Universitätsräumlichkeiten habe der Staatsanwaltschaft bereits seit Januar vorgelegen, das Datum sei also kein Zufall. Der AStA der GU wies darauf hin, dass Studierendenvertretungen immer wieder aufgrund von politischem und kritischem Engagement von Repressionen betroffen sind. Ein Sprecher des AStA forderte in seinem Redebeitrag: „Schluss mit der Kriminalisierung linker Politik. Verfassungsschutz und Polizei runter vom Campus!“

Die politische Debatte aus der Quarantäne entlassen

Ein Kommentar von Raul Rosenfelder

Es herrschen prekäre Arbeitsbedingungen im Mittelbau und bei den externen Angestellten der Universität. Studierende haben Schwierigkeiten die hohen Frankfurter Mieten zu zahlen, vor allem bei Jobverlust. Es ist fast unmöglich in Regelstudienzeit zu studieren und damit BAföG zu beziehen. All das läuft schon ganz ohne Corona, Krise und Pandemie ziemlich schief und hat sich jetzt zugespitzt.. Auf diese Probleme haben schon zu Anfang der Krise in den ersten Tagen der Schock-Isolation im März sowohl die alternative Uni-Gewerkschaft unter_bau, als auch der AStA hingewiesen und umfangreiche Forderungskataloge veröffentlicht . Zentrale Forderungen waren und sind die Absicherung der Beschäftigten an der Universität und die Verlängerung befristeter Stellen, die Aussetzung der Regelstudienzeit, die Gewährung deutlich längerer Abgabefristen der Hausarbeiten und die finanzielle Unterstützung von Studierenden durch Bund und Länder. Tatsächlich machten Senat und Präsidium zu Beginn des Sommersemesters dann auch weitreichende Zugeständnisse und übernahmen zahlreiche Forderungen. So begrüße die GU „die vielfältigen Bemühungen […] erfolgreiche Lehre auch unter Ausnahmebedingungen möglich machen“ . Das klingt erstmal nach Rückenwind für die Forderungen aus Studierendenvertretung und Uni-Gewerkschaft, die konsequente Umsetzung steht aber noch aus. Bis auf kleine Zugeständnisse, wie die Verlängerung von Hausarbeiten-Abgabefristen, hat sich bis jetzt nämlich nicht viel getan.

Besonders abstrus erscheint in dem Kontext eine Pressemitteilung von Mitte März, in der sich das Präsidium unter Zuhilfenahme zweier Fachschaftsmitglieder der Wirtschaftswissenschaften, anerkennend selbst auf die Schulter klopft und zum gelungenen, digitalen Semesterstart gratuliert . Herausragend dabei vor allem die Ignoranz gegenüber den Schwierigkeiten von Studierenden und Lehrenden im digitalen Raum, den Überstunden leistenden IT-Mitarbeiter*innen der Uni und denjenigen die neben dem digitalen Studium noch Kinder zu betreuen haben, wie Mitglieder des unter_bau kritisieren . Die fehlende Präsenzlehre, der mangelnde Datenschutz bei Videokonferenzen wie Zoom, Jobverlust und die finanzielle Situation von Studierenden scheinen für die PR-Abteilung der Uni eher zweitrangig zu sein.


Eine Forderung, die sowohl von AStA als auch vom unter_bau erhoben wird, ist die nach stärkerer studentischer Mitbestimmung . Klar, dass das Präsidium weit davon entfernt ist sie aufzugreifen, verteidigt die Uni doch hartnäckig ihre Vormachtstellung in allen politischen Entscheidungsgremien. Trotzdem trifft genau diese Forderung den wunden Punkt der ganzen Geschichte: wenn die Universität nur bei Lippenbekenntnissen verharrt und nicht für die Belange ihrer Studierenden und Beschäftigten eintritt, müssen die es eben selbst in die Hand nehmen. Auf die Großzügigkeit eines hierarchischen Apparates einer neoliberalen Universität kann man sich dabei sicher nicht verlassen. Bis die selbstverwaltete Universität jedoch Wirklichkeit ist, steht die Leitung der Uni weiterhin in der Pflicht mindestens ihren Versprechungen wie der Aussetzung der Regelstudienzeit und der Verlängerung des BAföG nachzukommen und sich mit den weitreichenderen Forderungen aus der Belegschaft und der Studierendenschaft auseinanderzusetzen. Spätestens jetzt, da überall wieder Lockerungen zugelassen werden ist es an der Zeit auch die politische Debatte aus der Quarantäne zu entlassen.