“Bei aller Liebe, das finde ich nicht gut”

Der Spagat zwischen Politik und Studium, Philipp Amthor als Repräsentant unserer Generation und das Problemkind der hessischen Grünen, der Dannenröder Wald: Darüber sprechen wir im Interview mit unserer Kommilitonin Deborah “Debbie” Düring, Sprecherin der Grünen Jugend Hessen und Direktkandidatin für die Bundestagswahl 2021.

Von Kevin Geisler & Natascha Kittler

Wie gelingt dir der Spagat zwischen deinem Studium und deiner politischen Arbeit? 

Der Spagat zwischen Studium und Arbeit gelingt mir in der Regel ganz gut, aber leicht ist es natürlich nicht. Nicht umsonst bin ich nicht mehr in Regelstudienzeit. Neben dem Studium und meiner regulären Arbeit bin ich zusätzlich rund 40 Stunden in der Woche politisch bei den Grünen aktiv. Ich arbeite viel am Wochenende, Hausarbeiten werden häufig im Zug geschrieben. Was mir persönlich hilft ist es, mich gut zu organisieren und meine Tage in Slots einzuteilen. Und nichtsdestotrotz gelingt mir das nicht immer. Es gibt immer auch Momente, in denen ich mir wirklich denke: Wie soll ich das alles nur schaffen? Aber zum Glück habe ich viele wunderbare Mitstreiter*innen, ein wundervolles Team in der Partei und einfach tolle Freund*innen, die mich immer wieder auffangen. 

Wie hat die Corona-Pandemie dich getroffen? Und fühlst du dich als Studentin von der Politik abgeholt? 

Demonstration in Hanau (Foto: Victor Martini)

Mich persönlich hat Corona zum Glück nicht so stark getroffen. Auch wenn es schon herausfordernd ist, die Parteiarbeit digital zu gestalten und natürlich vermisse auch ich die zwischenmenschlichen Kontakte, die die politischen Kämpfe irgendwie ertragbar gemacht haben. Was mir echt total fehlt, ist es sich mit Menschen zu treffen und frei zu diskutieren. Ich hatte aber schon das Gefühl, dass in den Diskussionen und den getroffenen Entscheidungen generell die jungen Leute und damit auch die Studierenden zu oft hinten runtergefallen sind. Man musste sich schon fragen, ob Bildungsministerin Karliczek überhaupt eine grobe Idee von den Lebensrealitäten der Studierenden hat, vor allem in einer so teuren Stadt wie Frankfurt am Main. Mein erster Gedanke zur 500,- Euro Regelung: Wenn ich Glück habe, kann ich davon gerade meine Miete und meine Versicherung bezahlen. Fehlt allerdings noch der Semesterbeitrag und gegessen habe ich dann auch noch nichts. Ich hätte mir gewünscht, dass Politik Lebensrealitäten abbildet. Aber gut, wahrscheinlich kann ich mich in 20 Jahren auch nicht mehr daran erinnern, wie es war, tagelang Pasta Aglio e Oglio zu essen, weil der Semesterbeitrag irgendwie bezahlt werden musste. 

Bleiben wir im Hier und Jetzt: Was nimmst du aus deinem Studium der Friedens- und Konfliktforschung mit für die praktische Politik? 

Aus meiner Sicht gibt mir die Wissenschaft das Werkzeug an die Hand, Dinge im gesamtgesellschaftlichen Kontext zu analysieren und kritisch zu hinterfragen. Aber ich merke in der Parteipolitik auch, an welche Grenzen die idealtypischen Konzepte und Theorien aus dem Studium stoßen. Dennoch glaube ich, dass es super hilfreich sein kann Theorie und Praxis zusammenzudenken und darauf aufbauend seine realpolitischen Forderungen zu entwickeln. Denn auch im täglichen Klein-Klein der Parteipolitik sollte man seine Utopie, sprich das große Ganze, nicht aus dem Blick verlieren. Denn es muss uns gelingen, die Rettung des Klimas mit der Entwicklungspolitik und den Fragen globaler Gerechtigkeit zusammenzudenken. 

Dich zieht es mit 26 Jahren direkt in den Bundestag. Ist das nicht zu früh und mangelt es dir dafür nicht an Lebenserfahrung? 

Das Argument kommt immer wieder: “Ach, die jungen Leute.” Natürlich kann ich keine 60 Jahre Berufserfahrung aufweisen, das ist schlicht nicht möglich. Allerdings habe auch ich meine Erfahrungen gesammelt: durch Auslandsaufenthalte oder in der Gastronomie, an der Universität oder bei der KfW. Daher dürfen wir als Gesellschaft nicht den Fehler begehen, junge Menschen einfach in die Kategorie “du hast ja keine Ahnung” zu stecken. Damit werden wir ihnen nicht gerecht, denn jede*r Einzelne ist Expert*in für seine Lebensrealität. Gleichsam ist es mir persönlich sehr wichtig, meinen Master abzuschließen. Ich möchte auf jeden Fall immer in der Position sein, deutlich machen zu können, wo meine Linie beginnt, ab der ich politische Entscheidungen nicht mehr mittragen kann. So kann ich mir eine gewisse Unabhängigkeit bewahren.

Hast du diese rote Linie bereits für dich gezogen?

Ich habe unterschiedliche rote Linien. Als Grundorientierung habe ich mir jedoch mal gesetzt, dass meine politischen Entscheidungen am Schluss immer dem Ziel dienen sollen, das Leben aller zu verbessern.

Zieht es dich deshalb in die Bundespolitik und nicht auf kommunale oder Länderebene?

Grundsätzlich halte ich jedes politische Handeln auf jeder Ebene für wichtig, auch dass junge Leute auf allen Ebenen präsent sind. Aber die Themen, die mich wirklich bewegen, kann man am besten auf Bundesebene bewegen. Dazu zählt zum Beispiel das Ziel, eine globale Struktur- und Entwicklungspolitik auf den Weg zu bringen. Deswegen sage ich: Meine politischen Kämpfe sind einfach auf Bundesebene. Und der zweite Punkt, der mich motiviert, ist der Gedanke, dass es nicht sein kann, dass Philipp Amthor unsere Generation repräsentiert. Bei aller Liebe, das finde ich nicht gut. Parlamente sollen das Spiegelbild unserer Gesellschaft sein – dieses Ziel erreichen wir leider nicht mal im Ansatz. Neben vielen anderen unterrepräsentierten Gruppen fehlen uns junge Menschen und insbesondere junge Frauen. Deswegen sage ich: Ja, auch ich als junge Frau habe Bock in den Bundestag zu gehen und dort für meine politischen Ideale zu kämpfen. 

Die Politik tut sich schwer damit Frauen wie dich in den Parteien und den Parlamenten abzubilden. Auch die Grünen als Vorreiter haben hier noch Potential nach oben. Woran liegt das?

(Foto: Victor Martini)

Parteipolitik ist symptomatisch für patriarchale Strukturen in unserem System, die natürlich auch bei den Grünen vorhanden sind. Es braucht mehr als eine Quote, um diesen Strukturen entgegenzuwirken, auch wenn ich die sehr wichtig finde. Wir brauchen viel mehr Empowerment-Strukturen und ganz generell mehr Sichtbarkeit von Frauen und BiPOCs in der Politik. Egal, was ich von Kramp-Karrenbauer, von der Leyen, oder Merkel halte: Es ist ein Schritt, dass wir eine weibliche Verteidigungsministerin, Kommissionspräsidentin und Bundeskanzlerin haben. Aber damit sind wir als Gesellschaft immer noch meilenweit von echter Gleichberechtigung entfernt. Meine Co-Sprecherin erzählte mir letztens, sie würde voll gerne mal eine Person im Fernsehen sehen, bei der sie sich denkt: Geil, die ist wie ich und mit der kann ich mich identifizieren! Wenn man sich bei den Parlamentsdebatten anguckt, wie ein alter weißer Mann nach dem anderen redet, denkt man sich doch: Du hast überhaupt keine Ahnung, was ich in meinem Leben gerade fühle und was mich beschäftigt. Allein dafür ist es wichtig, dass wir nicht nur mehr weibliche Repräsentantinnen, sondern auch mehr BiPOCs in den Parlamenten haben. 

Zum Schluss wollen wir über den Dannenröder Wald sprechen, an dem sich die Diskrepanz zwischen Oppositions- und Regierungsarbeit zeigt. Ein Spagat vor dem die Grünen bald auch im Bund stehen.  Wie stehst du als Grüne zum Danni? 

Ich finde es dringend notwendig, dass friedlicher ziviler Ungehorsam, als politisches Mittel in unserer Gesellschaft endstigmatisiert wird und als legitime Protestform wahrgenommen wird. Im Danni haben nicht nur Aktivistis, sondern auch viele verschiedenen Bürger*innenbewegungen protestiert. Das beweist wie vielfältig die Klimabewegung ist. Es ist wichtig, dass wir uns klar mit den friedlichen Protesten solidarisieren, denn unabhängig davon, dass ich diesen Wald sehr liebe uns es mir das Herz bricht zu sehen, dass ein so alter intakter Mischwald zerstört wird, ist der Weiterbau der A49 faktisch eine klima- und verkehrspolitische Katastrophe. Aber so leid es mir tut, so hart ich es finde, haben wir gerade einfach keine politische Mehrheit für Klimaschutz. Wir haben keine politische Mehrheit dafür, dass wir weniger Asphalt brauchen. Was wir gerade sehen, ist wie Verkehrsminister Scheuer einen 40 Jahre alten Bundesverkehrswegeplan weiter und weiter mit veralteten Asphaltprojekten stopft, um seine Mobilitätsrate zu steigern. Das kann und darf einfach nicht sein. Wenn wir wirklich eine Verkehrswende wollen, dann muss dieser Bundesverkehrswegeplan komplett auf Nachhaltigkeit überprüft werden. Und nach dem das von der Grünen Fraktion im Bundestag eingebrachte Moratorium an den Mehrheiten gescheitert ist, heißt es für uns Grüne in der nächsten Bundestagswahl für starke Mehrheiten für Klimaschutz und eine nachhaltige Verkehrswende zu kämpfen, die den Fokus auf die Schiene statt auf Asphalt setzt.

Gleichzeitig fühlt sich ein Teil eurer Kernwählerschaft trotzdem betrogen und kann diesen Spagat nicht mittragen. Was sagst du denen, die Grün jetzt für unwählbar halten? 

Wir als Grüne Jugend Hessen haben uns klar mit den friedlichen Protesten solidarisiert und immer wieder betont, dass wir es wichtig finden, dass Menschen starke Zeichen für Klimaschutz setzen und wir dafür auch gemeinsam mit ihnen kämpfen. Anstatt uns auseinander dividieren zu lassen müssen wir eher zu dem Punkt gelangen, dass wir sagen: “Wir führen diesen Kampf zusammen”. Denn auch wenn letztendlich die Klimabewegung nicht homogen ist, schaffen wir es nur gemeinsam unser Ziel zu erreichen: Eine klima- und sozialgerechte Welt, die eben solche Projekte der Vergangenheit angehören lässt. Und da führt nun mal grade kein Weg an unserem parlamentarischen System vorbei, in welchem wir die Impulse der zivilgesellschaftlichen Bewegungen umsetzen.

Debbie, danke für deine Zeit. 

Deborah “Debbie” Düring studiert seit dem WS 2018 an der Goethe-Universität Friedens- und Konfliktforschung und ist seit März 2019 Sprecherin der Grünen Jugend Hessen. Bei der Bundestagswahl 2021 tritt sie als Direktkandidatin für Bündnis90/Die Grünen in Frankfurt für den Wahlkreis 182 an und steht auf Platz 7 der hessischen Bundestagsliste ihrer Partei. Ihre politischen Schwerpunkte sind dabei die Außen-, Innen- und Sozialpolitik. Darüber hinaus bezeichnet sie sich selbst als Feministin und setzt sich für frauenpolitische Forderungen und Themen ein.

„Wir holen uns die Selbstbestimmung zurück!“

Trotz Pandemie hat das Gleichstellungsbüro zum Semesterstart einen Flyer mit Tipps gegen sogenannte „Pick-Up-Artists“ veröffentlicht. Was steckt hinter den sexistischen Anmachen und wie setzen sich Betroffene und ihre Mitstreiter*innen in Frankfurt und an der Goethe-Uni zur Wehr?

+++ Disclaimer: in diesem Artikel werden sexistische Anmachen und übergriffiges Verhalten, sowie frauen*verachtende Ideologie geschildert +++

Als die Studentin B. im Sommer allein über die Konstablerwache läuft, wird sie ohne erkennbaren Anlass von einem Mann angesprochen. Er erzählt ihr, er sei neu in der Stadt und fragt, ob sie nicht mit ihm einen Kaffee trinken gehen will. Obwohl B. ablehnt bedrängt er sie weiter und fordert sie wiederholt auf ihm ihre Handynummer zu geben. B. hat ihn aber längst erkannt: Sie kennt sein Gesicht von Bildern aus den Sozialen Medien. Dort vernetzen sich Personen, die sich gegenseitig vor Männern warnen, die wiederholt mit übergriffigem Verhalten auffallen. Erst als B. ihn damit konfrontiert, gibt er auf.

B. ist bei weitem nicht die Einzige, die solchen Übergriffen ausgesetzt ist. Gerade an der Uni und um den Campus herum berichten Studierende immer wieder von systematischen Anmachversuchen, die nicht selten in unnachgiebiger Übergriffigkeit enden. Selbst wenn die Betroffenen mit Ablehnung reagieren. Die Männer, die sich mit sogenannten „Maschen“ an die Betroffenen wenden und sie belästigen, nennen sich selbst „Pick-Up-Artists“ und sind Teil einer Szene mit ihren eigenen Stars, Seminaren und Regeln. Das Problem ist, trotz der Pandemie, so groß, dass das Gleichstellungsbüro der Goethe-Uni zum Semesterbeginn Tipps dazu veröffentlicht hat, wie mensch sich in einer solchen Situation verhalten kann. Unter dem Titel „Nein heißt Nein!“ ruft die Gleichstellungsbeauftragte in Zusammenarbeit mit der Anti-Diskriminierungsstelle und dem Gleichstellungsrat des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften dazu auf, unangenehme Gespräche zu beenden, Grenzen zu benennen und vor allem weder Schlüssel noch Handy aus der Hand zu geben. Auch diejenigen, die beobachten, wie sich Betroffene so in einer bedrängten Position befinden, fordert das Papier auf, sich einzumischen und sich solidarisch zu verhalten.

Luise, studentisches Mitglied im Gleichstellungsrat des FB 03, betont im Gespräch mit FaSe noch einmal: „Gebt auf keinen Fall euer Handy aus der Hand! Mit genau dieser Masche versuchen es diese Pick-Up-Typen immer wieder auf dem Campus“. Die Uni versuche zwar, den Pick-Up-Typen1 entgegenzutreten, die ausgesprochenen Hausverbote seien aber schwer umzusetzen, solange die Männer als Studierende eingeschrieben sind. Außerdem, so berichtet die Studentin, gäbe es immer wieder Probleme mit dem Sicherheitsdienst der Universität, der versuchen würde die vermeintlichen Konflikte zwischen den Betroffenen und den Pick-Up-Typen zu schlichten. „Da hilft nur eine klare Kommunikation und vor allem die Solidarität der umstehenden Studierenden. Lasst die Betroffenen nicht allein, wenn ihr solche Situationen beobachtet!“, appelliert Luise an ihre Kommiliton*innen.

Diese Vorfälle sind in Frankfurt keine Einzelfälle. Im Sommer 2020 machten die Ermittlungen gegen einen Frankfurter Schlagzeilen, der über Jahre hinweg versucht hatte, als Frauen gelesene Personen mit derselben Masche zu „verführen“. Er fragte nach dem Weg, nahm den Betroffenen das Handy aus der Hand und rief sich selbst an um sich so die Nummern der Personen zu erschleichen. Dass es sich dabei nicht um einen einmaligen Vorfall handelte, zeigten die Reaktionen von ca. 50 Betroffenen auf einen Instagrampost einer Frau* die von dem Übergriff auf sie berichtete. Sie vernetzten sich und wandten sich gemeinsam an die Polizei, die nun Ermittlungen eingeleitet hat. Als sich die Betroffene* zuvor allein an die Polizei wandte, wurde sie ignoriert. Auch ist es kein Novum, dass die sexistischen Anmachversuche an der Goethe-Universität thematisiert werden. Bereits 2016 klärten zwei Artikel in der AStA-Zeitung über die Machenschaften eines Pick-Up-Typen auf dem Campus auf und thematisierten den dahinterliegenden systematischen Sexismus. Ein in den Artikeln namentlich genannter Pick-Up-Typ versuchte daraufhin mit einer Unterlassungserklärung die Verbreitung der Artikel zu verhindern. Darauf folgte ein Rechtsstreit, der durch mehrere Instanzen ging, an dessen Ende der AStA aber Recht behielt. Außerdem hatte das sich hinziehende Verfahren die Wirkung, dass sich zahlreiche Studierendenorganisationen und Zeitschriften solidarisierten und den Artikel nachdruckten. Auch der Senat der Universität äußerte sich im Februar 2016 zum Auftreten der sexistischen Vorfälle und hielt fest, dass „die Goethe-Universität ein Klima schaffen will, in dem sexistisches Verhalten keinen Raum hat“ und die „Universitätsleitung unter Nutzung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten unerwünschte Vorfälle dieser Art zu unterbinden bzw. zu ahnden sucht“.

Aber was steckt hinter dem Aufkommen der systematischen Belästigungen? Die Männer selbst bezeichnen sich als sogenannte „Pick-Up-Artists„, als Künstler der Verführung. Auf YouTube finden sich zahlreiche Tutorials und Videos, mit denen die selbsternannten Alphas ihre Techniken zur Schau stellen und an andere weitergeben wollen. Außerdem wird im Netz für Seminare geworben, bei denen erfolgreiches Flirten erlernt werden soll. Dass es dieser Szene und ihren Stars aber nicht darum geht, einsamen Männern den respektvollen Umgang mit potenziellen (Geschlechts-) Partner*innen beizubringen, zeigt ein Blick auf die Erklärungs- und Begründungszusammenhänge der teilweise pseudo-wissenschaftlichen Beiträge. Wie selbstverständlich gehen die Männer von einer binären (also zweigeschlechtlichen), biologisch festgelegten Geschlechterordnung aus, die angeblich in den grauen Vorzeiten der Jäger und Sammler entstand und Frauen und Männern ihren festen gesellschaftlichen Platz und Charaktereigenschaften zuschreibt. Zum Beispiel wird von dem Mythos ausgegangen, dass Frauen zwar auf der Suche nach starken Beschützern seien, die sexuelle Anziehung jedoch nachlassen würde, sobald sie ihn vollständig unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Dies resultiert in dem Grundsatz, sich nicht kontrollieren zu lassen von der Frau, die, so die reaktionäre Annahme, in der Moderne wehrhaft geworden wäre. Weiterer wichtiger Bestandteil der narrativen Strategie ist die Behauptung eines Rechtes auf körperliche Berührung oder Sex. Von diesem Recht dürfe auch im Falle einer Ablehnung Gebrauch gemacht werden. Damit und mit der Annahme, Frauen würden nicht sagen, was sie wollen, sondern ihre Kommunikation sei aufgrund ihrer Emotionalität nicht ernst zu nehmen, wird das Recht auf (körperliche) Selbstbestimmung systematisch ignoriert. Natürlich geht damit auch eine Objektifizierung von als Frauen gelesenen Personen einher, die lediglich als die Objekte männlicher Begierde und Sexualität angesehen werden und die in Zahlenrastern nach ihrem Aussehen kategorisiert werden. Nicht selten tritt dieser Sexismus auch gepaart mit Rassismus oder Exotisierung auf, wie der Skandal um einen international auftretenden Pick-Up-Typen 2014 zeigte, der Betroffene in Tokio nicht nur körperlich belästigte, sondern sich dabei auch rassistisch äußerte. Mit dieser frauen*verachtenden Ideologie überschneidet sich die Pick-Up-Szene mit der anti-feministischen maskulinistischen Bewegung der sog. Männerrechtler, die wiederum Überschneidungen zu antisemitischen und rechten Verschwörungsideologien aufweist.

Daher ist es kaum überraschend, dass diese Männer mit Gegenwehr rechnen müssen, die auch über institutionelle Beratungsangebote und Aufklärungsarbeit an der Universität hinausgeht. So vernetzen sich Studierende und Personen außerhalb der Universität in Messenger-Gruppen, um Bilder von den Pick-Up-Typen auszutauschen und sich gegenseitig zu warnen. Außerdem rufen feministische Gruppen, wie zuletzt im Frühjahr 2020 unter dem Hashtag #feministischkämpfen in Frankfurt, immer wieder dazu auf, sich selbst zu schützen – und schreiten selbst zur Tat. So wurde anlässlich des internationalen Frauen*kampftages am 8. März das Auto eines bekannten Pick-Up-Typen in Frankfurt zertrümmert. Neben seinem Sexismus und dem grenzüberschreitenden Verhalten kritisieren die Aktivist*innen in ihrem Bekenner*innenschreiben auf dem linksradikalen Portal indymedia, auch die Kommerzialisierung der Pick-Up-Szene in Form von teuren Seminaren zum Erlernen der sexistischen Praxis. Die Feminist*innen erklären: „Die Kommerzialisierung dieser systematischen Grenzüberschreitung der körperlichen Selbstbestimmung von Frauen* durch Sexisten […], ist ein widerwertiger Auswuchs des kapitalistischen Patriarchats. Sie führt zu vermehrten Belästigungen im öffentlichen Raum und nicht zuletzt zur Normalisierung von sexualisierter Gewalt und Vergewaltigungen“. Die Aktivist*innen schließen mit dem Satz: „Wir holen uns die Selbstbestimmung zurück, die uns der sexistische Staat und der Kapitalismus niemals geben wird und sorgen für unseren Selbstschutz indem wir #feministischkämpfen!“

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Wenn ihr selbst betroffen von sexistischen Anmachen auf dem Campus seid oder anderweitig Diskriminierung erfahrt, könnt ihr euch jederzeit an die Antidiskriminierungsstelle der Goethe-Uni wenden: Antidiskriminierungsstelle – Campus Westend | IKB-Gebäude | Eschersheimer Landstr. 121-123Tel.: 069 798 18134antidikriminierungsstelle@uni-frankfurt.de

1 Der von den Männern selbst propagierte Begriff „Artist“ (deutsch: „Künstler“) soll hier nicht übernommen und reproduziert werden. Er relativiert den sexistischen Charakter der Anmachversuche.

„Wir reden falsch über Rassismus!“

Am vergangenen Freitag las Alice Hasters im Studierendenhaus in Bockenheim aus ihrem Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“. Die Autorin, geboren 1989 in Köln, ist Tochter einer Schwarzen Mutter und eines Weißen Vaters. Ihre Herkunft hat ihren Alltag von klein auf verkompliziert: Das autobiographische Buch beschreibt eine Auswahl des alltäglichen Rassismus, der ihr in Deutschland seit frühster Kindheit begegnet. Das Werk dominierte im letzten Jahr viele Bestsellerlisten und wird oft in einem Zug mit anderen Werken wie „Exit Racism“ von Tupoka Ogette oder „Deutschland Schwarz Weiß“ von Noah Snow genannt. Organisiert wurde das Event von „GG Vybe“, einer Gruppe weiblicher DJs, denn auch in der Welt von HipHop, RnB und Pop ist der Grat zwischen Aneignung und Empowerment ein schmaler.

Alice Hasters (Fotos: Bruno Papic)

In den knapp 2 ½ Stunden wurden in einer Mischung aus Lesung und Q&A viele Themen angeschnitten: Intersektionalität, Cultural Appropriation und positiver Rassismus. Täter-Opfer-Umkehr, die vielen schmalen Gratwanderungen und die Alltäglichkeit der Diskriminierung. Nicht selten schüttelten Zuhörer*innen den Kopf angesichts des geschilderten, blanken Rassismus, der Hasters in der Mitte Deutschlands begegnet. Überraschend? Eigentlich nicht.

Ein Jahr ist seit der Veröffentlichung ihres Buches im September 2019 bereits vergangen. Damals fiel Hasters in vielen Kreisen noch als Vertreterin einer radikalen Meinung auf und Begriffe wie BPoC waren für die breite Masse noch Neuland. Seitdem ist das Thema Rassismus im öffentlichen Diskurs angekommen und die damit verbundenen Probleme und Begriffe sind so präsent, da ist es schwer geworden, sich mit Unwissen herauszureden. Horst Seehofer versucht es trotzdem (mit mäßigem Erfolg).

Für Hasters persönlich ist insbesondere seit dem Tod von George Floyd vieles anders: „Ich hatte wahnsinnige Angst, Fehler zu machen“. Mittlerweile hat sie akzeptiert, dass sie nicht alle Erwartungen erfüllen kann: „Sich nicht zu zensieren, ist das wichtigste. Ich möchte niemanden verletzen, aber zuerst muss ich mich selbst schützen! Und ich kann besser mit mir leben, wenn ich meine Wut rauslasse.“ Laute Wut kann man sich als Außenstehender bei dieser ruhigen Frau allerdings kaum vorstellen. Dieser Wirkung ist sich Hasters bewusst: „Meine eigene Art ist kein Maßstab! Es muss auch Menschen geben, die aggro sind.“

Auch wenn die Wichtigkeit dieses Themas außer Frage steht, so fällt an diesem Abend auf: Hier sind Menschen zusammengekommen, die sich und ihre Umwelt reflektieren und ein gesellschaftliches Problem erkannt haben. Anhand der Publikumsfragen wird deutlich, dass die Anwesenden sich bereits mit dem Thema beschäftigt haben, sei es aufgrund der gesellschaftlichen Thematisierung in den letzten Monaten oder weil sie ihn selbst erlebt haben.

Darin besteht das Kernproblem von Lesungen und ähnlichen Veranstaltungen, insbesondere bei solchen, die fest verankerte Denkmuster herausfordern und gesellschaftliche Missstände anprangern. In diesem Fall: Die, die es hören sollten und müssten, sind höchstwahrscheinlich nicht da. Ein echter Diskurs kann in einer solchen Blase allerdings nur begrenzt stattfinden. Die eigene Komfortzone hat an diesem Abend wohl niemand richtig verlassen.

Vermutlich ist niemand gänzlich frei von rassistischen Denkmustern. Umso wichtiger ist es, sich selbst kritisch zu hinterfragen. Hasters sieht an dieser Stelle das Grundproblem: „Wir reden falsch über Rassismus!“ Es geht zuallererst darum, den Dialog zu suchen und eingefahrene Muster in Frage zu stellen. Dass dieser Diskurs zwingend harmonisch ablaufen muss, ist für Hasters kein Kriterium. Hauptsache, er wird geführt. Auch von und mit Horst Seehofer.


Fazit: Wer gerade beginnt, sich mit dem Thema Rassismus und verwandten Diskursen auseinander zu setzen, für den ist dieses Buch gemacht. Sagen dir allerdings Begriffe wie Intersektionalität und Cultural Appropriation bereits etwas, dann gehörst du wahrscheinlich nicht zur primären Zielgruppe. Aber auch wenn du dich bereits mit dem Diskurs beschäftigst: Alice Hasters’ Buch nimmt sich der Thematik nicht aus einer übermäßig verkopften Richtung an, sondern stellt mit anschaulichen Schilderungen dessen erschreckende Alltäglichkeit in der Mitte unserer angeblich aufgeklärten Gesellschaft dar.

„Ich hoffe einfach, dass ich bald wieder Musik vor Menschen spielen kann.“ – Der Studierende und DJ Nico im Interview über die Corona-Pandemie

Foto: Max Patzig

Nico studiert Lehramt mit den Fächern Theologie und Geschichte an der Goethe Universität und tritt gleichzeitig als DJ unter dem Künstlernamen Mr. Tone in ganz Deutschland auf, um sich so sein Studium zu finanzieren. 2018 wurde er deutscher Champion bei der Weltmeisterschaft im DJing (Red Bull 3Style) und vertrat Deutschland bei der Weltmeisterschaft in Taiwan. Im Interview mit FaSe spricht er von den Schwierigkeiten, die ihm als Studierender und  Künstler in die Corona-Pandemie begegnen.

B: Du bist mittlerweile schon einige Jahre als DJ aktiv und finanzierst dir so dein Studium und deinen Lebensunterhalt. DJ und Lehramtsstudent mit den Fächern Religion und Geschichte, wie passt das zusammen?

N: Menschen werden ja in der Wahrnehmung anderer meistens auf einige wenige Merkmale festgelegt. Aber ich glaube, dass Identität ist ein sehr vielfältiges Phänomen und Ich habe schlicht ganz verschiedene Interessen. Ich habe mich schon immer sehr für Musik interessiert und ich habe mich auch schon immer sehr für die Themen interessiert, die ich studiere. Das ist einerseits Pädagogik – also Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – andererseits aber auch Geschichte, Theologie und Philosophie. Die Fächer passen ja eigentlich ganz gut in ein Bild, da sie inhaltlich nahe beieinander liegen. Insofern glaube ich gar nicht, dass das so eine ungewöhnliche Kombination ist, sondern einfach unterschiedliche Interessen.

B: Wie beeinflusst dein Studium deine Musik und umgekehrt, wie beeinflusst deine Musik vielleicht dein Studium? 

N: Ich glaube durch mein Studium, gerade das Studium der Philosophie, bin ich tendenziell etwas mehr ‚aware‘. Das ist ja ein Schlagwort, das heute oft fällt. Ich glaube ich bin vielleicht ein bisschen sensibler für gewisse Bereiche des Politischen. Ich mache ja maßgeblich Hip-Hop und einige Fragen die da im Diskurs aufkommen so wie Sexismus, Gewaltverherrlichung oder Drogenkonsum  sind für mich nochmal aus einer anderen Perspektive präsent, als das für viele andere in der Szene der Fall ist. Im Gegenzug bereichert die Musik mein Verständnis für Wissenschaft und den universitären Betrieb, weil ich dort mit ganz anderen Menschen in Kontakt komme und auch dadurch wieder für ganz andere Themen sensibilisiert werde. Gerade in der Wissenschaft neigt man ja dazu in seiner ‚Bubble‘ verhaftet zu sein und das passiert mir dadurch, dass ich im Nachtleben aktiv bin und dort mit Menschen zu tun habe, die, ganz wertungsfrei gesagt, sehr fern sind von dem was an der Universität passiert, eher weniger.

B: Du sprichst schon an, dass du in deinem Job viel mit Menschen in Kontakt bist. Die Clubs, in denen Du normalerweise auflegst, sind gerade auf Grund der Corona-Pandemie geschlossen. Was vermisst Du an deinem Job gerade am meisten?

N: Naja, als Musiker lebt man davon vor Leuten aufzutreten und das fällt natürlich gerade komplett weg. Viele meiner Kollegen versuchen das über Livestreams zu kompensieren und natürlich haben wir da Vorteile, die wir vor zehn oder fünfzehn Jahren nicht gehabt hätten. Aber das kann den Livebetrieb nicht ersetzen. 

B: Aber nicht nur dein Job, sondern auch dein Studium hat sich durch die aktuelle Situation verändert. Wie kommst du mit dem „Digitalen Sommersemester“ zurecht?

N: Also ich studiere ja an zwei Universitäten und mein Studium an der Goethe Universität ist davon relativ unberührt gewesen, da ich eigentlich keine Veranstaltungen mehr besuchen muss. Ich habe gerade meine Examensarbeit geschrieben und da war es natürlich ein bisschen komplizierter an Bücher zu kommen und in der Bibliothek arbeiten war nicht möglich. Aber insgesamt war es relativ unkompliziert. Parallel studiere ich Philosophie an der PTH Sankt Georgen und habe da auch einige Onlineseminare besucht und muss sagen, dass es schwierig ist, die Seminarkultur online zu reproduzieren. Meiner Wahrnehmung nach ist es schwierig wirklich ins Gespräch oder in die Diskussion zu kommen. Viele Menschen haben ganz andere Vorbehalte sich online zu äußern und möchten sich viel bedachter artikulieren als das vielleicht in einem Seminar der Fall wäre. Für eine Gesprächskultur ist das natürlich hemmend.

B: Man hört ja von einigen Studierenden, dass das digitale Semester einen deutlich höheren Arbeitsaufwand mit sich bringt. Wie sieht das bei dir aus?

N: Das kann ich so nicht wirklich bestätigen, aber ich glaube das kommt sehr auf die spezifischen Veranstaltungen an, deswegen kann ich dazu gar kein pauschales Urteil abgeben. 

B: Es wurde viel darüber diskutiert ob die Unterstützung für Studierende, die in eine schwierige finanzielle Situation geraten sind, ausreicht. Du bist gleichzeitig auch noch selbstständiger Künstler. Hast Du das Gefühl, dass genug für Dich und deine Branche getan wird? 

N: Naja, das ist schon alles ein bisschen absurd. In meiner speziellen Situation ist es so: Ich hätte Arbeitslosengeld beantragen können, aber dann hätte ich nicht weiter studieren können. So ist zumindest mein Kenntnisstand. Und das ist ja schon mal das erste Problem: Es ist hier gar nicht so ganz klar, wer Ansprüche auf was hat. Wenn das für mich, der intensiv versucht hat sich damit auseinanderzusetzen und einen Steuerberater hat, so unübersichtlich ist, dann kann ich mir vorstellen, dass viele vor ähnlichen Schwierigkeiten stehen und vielleicht sogar noch größere Probleme haben, sich zu informieren. Der zweite Punkt ist dann, dass es eine Soforthilfe gab. Die ist allerdings nur für laufende Betriebskosten und nicht für Lebenshaltungskosten. Wie soll man seinen Lebensunterhalt über ein halbes Jahr oder noch länger finanzieren, ohne tatsächlich Unterstützung zu bekommen. Klar, man kann sich arbeitslos melden, aber für ganz viele Menschen in einer anderen Situation als der meinen ist das ein riesiges Problem. Zum Beispiel wenn man eine Familie hat, die man ernähren muss und nicht weiß, wann man wieder arbeiten kann. Selbst wenn man solo-selbstständig ist, hat man sich eine Marke als Person aufgebaut. Da ist es nicht so einfach, mal eben den Beruf zu wechseln.

B: Du sprichst einen Berufswechsel an. Musstest Du Dir einen anderen Job für die Zeit der Corona-Einschränkungen suchen?

N: Ja. Das hat es für mich persönlich besonders schwierig gemacht hat, da ich gerade in der Abschlussphase meines Studiums bin. Ich hatte mir eigentlich meinen Terminkalender für das restliche Jahr so gelegt, dass ich mich gut hätte finanzieren und mich parallel auf mein Examen zu fokussieren können. Jetzt muss ich natürlich in einem deutlich schlechter bezahlten Job deutlich mehr Stunden arbeiten um mein restliches Studium zu finanzieren. Das ist natürlich eine Mehrbelastung.

B: Zum Abschluss vielleicht noch ein kleiner Ausblick: Du hast schon an DJ-Wettbewerben im Ausland teilgenommen. Solche Events scheinen gerade noch in weiter Ferne. Wann glaubst Du, kannst Du wieder auflegen und welche Veränderungen wünschst Du Dir in der Clubkultur, wenn es wieder los geht? 

N: Das ist jetzt quasi der Blick in die Glaskugel und ich habe eigentlich eher versucht mich davon fern zu halten, weil es vollkommen unabsehbar ist, was passiert. Ich weiß nicht, ob es Clubkultur, wie wir sie kennen, in Deutschland 2021 überhaupt noch geben wird. Meine Befürchtung ist, dass ganz viele Unternehmen insolvent gehen werden. Vielleicht müssen wir wieder bei null beginnen. Außerdem werden sich viele große Sponsoren, die solche DJ-Wettbewerbe bisher möglich gemacht haben, fragen, ob das jetzt die Branche ist, in die sie Geld stecken möchten. Keine Ahnung, was da passieren wird. Ich hoffe einfach, dass ich bald wieder Musik vor Menschen spielen kann.

Foto: Max Patzig

Hunderte zeigen Solidarität mit AStA nach Hausdurchsuchung

Am Donnerstagabend demonstrierten an der Bockenheimer Warte rund 400 Menschen gegen die Hausdurchsuchungen die am Tag zuvor durch das BKA unter anderem in den Räumen des AStA durchgeführt wurden. Unter den Demonstrierenden befanden sich auch zahlreiche Studierende der Goethe Universität.

Unter dem Motto „Wir sind alle 129a – Unsere Solidarität gegen ihre Repression“ hatten mehrere linke Gruppen zu dem Demonstrationszug durch Bockenheim aufgerufen.
Mit dem Titel der Demonstration nahmen die Veranstalter*innen Bezug auf den Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Ihrer Meinung nach werde dieser Paragraph regelmäßig zu Repression und Überwachungsmaßnahmen gegen politische Gruppen genutzt. Die Demonstration zog unter Sprechchören durch Bockenheim. Neben „No justice, no peace – fight the police“ wurden auch Sprüche wie „Nazis morden, der Staat macht mit – der NSU war nicht zu dritt“ gerufen. „Dieser Angriff ist ein Angriff auf uns alle. Jeder Widerstand, ganz egal welcher Form, ist Teil eines großen Kampfes gegen die herrschenden Verhältnisse.“ sagte eine Rednerin als die Teilnehmer*innen an der Polizeistation in der Schlosstrasse Halt machten. Besonders die Tatsache, dass die Hausdurchsuchungen aufgrund von Terrorismusverdacht einen Tag nach dem Prozessbeginn gegen die mutmaßlichen Terroristen und Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke stattfand, sorgte für Empörung unter den Demonstrierenden. Den Angeklagten Stephan Ernst und Markus H. wird nicht nur vorgeworfen Lübcke aus rechten Motiven heraus ermordet, sondern auch ein rassistischer Mordversuch an Ahmed I. verübt zu haben. Der Durchsuchungsbefehl für die Universitätsräumlichkeiten habe der Staatsanwaltschaft bereits seit Januar vorgelegen, das Datum sei also kein Zufall. Der AStA der GU wies darauf hin, dass Studierendenvertretungen immer wieder aufgrund von politischem und kritischem Engagement von Repressionen betroffen sind. Ein Sprecher des AStA forderte in seinem Redebeitrag: „Schluss mit der Kriminalisierung linker Politik. Verfassungsschutz und Polizei runter vom Campus!“